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28. November 2024Die Karibik, dieses sagenumwobene Paradies von strahlendem Sonnenschein, weissem Sand und endlosen Kokosnusspalmen – das ist zumindest die Idee, die man sich davon macht, wenn man zu lange in Reiseprospekten blättert. Doch das wahre Erlebnis der karibischen Inseln, so viel kann ich’s verraten, lässt einen schnell erkennen, dass sie vielleicht nicht ganz das perfekte Postkartenidyll sind, das einem versprochen wurde. Erstens, es gibt da eine fast schon groteske Diskrepanz zwischen dem versprochenen „Inselparadies“ und der Realität, die man schon bei der Ankunft bemerkt.
Der Flughafen – das erste Aushängeschild der Insel – erinnert eher an einen schäbigen Busbahnhof. Die Luft ist stickig, das Personal unterbesetzt und die Ankunftshalle wird von grossen, griesgrämig dreinblickenden Grenzbeamten bewacht. In dieser Atmosphäre erwartet man fast schon, dass einem die Karibik ins Ohr flüstert: „Willkommen im Paradies – solange du das heisse Klima und die schlechte Infrastruktur ignorierst!“ Aber das kann ich noch problemlos unter Charm abtun. Und dann gibt es da natürlich das Wetter. Die tropische Hitze ist vielleicht der grösste Verrat. Diese schwüle, feuchte Umarmung, die einen vom ersten Moment an fest im Griff hat, macht jeden Schritt zur Herausforderung. Die Luftfeuchtigkeit ist so überwältigend, dass man das Gefühl hat, man könnte eine Wolke schneiden und mit nach Hause nehmen. Für die ersten fünf Minuten fühlt sich das vielleicht „exotisch“ an, aber bald verwandelt es den Urlaub in ein einziges Ringen nach Atem. Kommen wir zu den Stränden, auf die sich alle so freuen.
Natürlich gibt es Abschnitte, die schön und friedlich aussehen, besonders in den Prospekten, aber in der Realität sind die meisten Strände von Touristen überlaufen, voller schreiender Kinder, Sonnenliegen in allen Neonfarben und barsche, überteuerte Strandbars, die mit viel zu lauter Musik ihre Margarita-Preise rechtfertigen. Und sollte man sich in die höheren Preisklassen einkaufen, um einen exklusiven „Privatstrand“ zu geniessen, stellt man fest, dass man nicht allein ist – die Hotelgäste der Nachbarinsel sind auch auf die gleiche geniale Idee gekommen. Und dann gibt es da noch die Preise. In einem Karibik-ort einzukaufen, ist wie in einem Museum Souvenirs zu erwerben – absurd teuer und meist nutzlos. Ein Cocktail, der zuhause fünf Franken kosten würde, wird hier für das Vierfache angeboten und schmeckt nach allem anderen als nach den frischen Zutaten, die das Menü verspricht.
Die lokalen Märkte sind zwar charmant, aber in der Regel auch die einzige Möglichkeit, das Gefühl zu haben, nicht bei jedem Einkauf das eigene Konto zu ruinieren. Und wer 50 Franken für eine Liege zahlt hat doch eifach nen flick weg. Auch die Hotels verlangen horrende Preise für das Angebotene. Und ich reise in der Nebensaison. Und schliesslich: Das berüchtigte „Karibik-Tempo“. Diesen Ausdruck versteht man erst wirklich, wenn man versucht, ein Taxi zu organisieren oder sich auf die Pünktlichkeit eines Bootstransfers zu verlassen. Alles läuft hier langsam, wie durch einen warmen Honigfluss. Es hat durchaus seinen Charme – für die ersten paar Tage. Aber wenn man eine Stunde auf eine Bestellung wartet, um dann festzustellen, dass man etwas völlig anderes bekommen hat, das ist dann eben doch ein wenig… anstrengend. Aber hey, Afrika hat mich hier doch abgehärtet. Vielleicht ist die Karibik also eher eine Sammlung von touristischen Klischees und überzogenen Erwartungen, als der perfekte Ort, um wirklich „abzuschalten“. Versteht mich nicht falsch – es gibt Ecken, die sicherlich ihren Reiz haben. Aber die Vorstellung, dass jede karibische Insel ein Paradies auf Erden ist, ist genauso irreführend wie die Ansicht, dass jede Flasche Rum automatisch Glückseligkeit garantiert. Manchmal ist das Paradies eben einfach besser im Prospekt.