Elfenbeinküste – Westafrikas verstecktes Juwel
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4. Juli 2023Es gibt im Leben so Momente, die will man einfach nicht erleben. Unfälle gehören definitiv dazu. Unfälle im Ausland? Noch schlimmer. Unfälle im Ausland mit involvierter Polizei? Jackpot! Genau diesen Premium-Moment durfte ich in Ghana erleben.
Lass mich gleich vorwegnehmen: Mir geht’s gut. Mein Körper ist noch am Stück, und ich habe nicht einmal eine besonders dramatische Schramme vorzuweisen – was meine Glaubwürdigkeit in dieser Geschichte leider leicht untergräbt. Denn wie kann eine gute Geschichte ohne ein bisschen Blut und einen Gipsverband auskommen?
Nun gut, zurück zur Sache. Die Szene: Eine staubige Strasse voller Schlaglöcher, eine Mautstelle mit gefühlt zu vielen Menschen und zu wenig Platz, und ich, gemächlich auf meinem Roller unterwegs. Dann kommt er: ein junger Mann auf einem Motorrad, mit einer Geschwindigkeit, die nicht nur seine Zehen, sondern auch die Gesetze der Physik ignoriert. Mit einem beeindruckenden Mangel an Weitsicht entscheidet er sich, mich genau hier und genau jetzt zu überholen. Und zack – Kontakt!
Ich fliege, er fliegt, wir fliegen. Die Welt dreht sich, der Roller schlittert, und für einen Moment fühlt es sich an wie in einem schlecht geschnittenen Actionfilm. Als ich wieder Bodenhaftung gewinne und realisiere, dass ich lebe, ist mein erster Gedanke: Das wird jetzt sicher kompliziert.
Betrunkene Polizisten und erfundene Gesetze
Kaum haben wir den Staub aus den Augen gerieben, tritt auch schon die ghanaische Exekutive auf den Plan. Das ist in diesem Fall besonders einfach, weil der Unfall direkt vor einer Polizeistation passiert ist – na sowas! Doch die Situation nimmt schnell eine interessante Wendung: Der Beamte, der für unseren Fall herbeigerufen wird, ist betrunken. So richtig. Mit einer Intensität, die darauf hindeutet, dass er nicht erst zum Frühstück angefangen hat.
Er beginnt mit der klassischen „Der Ausländer ist schuld“-Routine. Erstens: Ich soll sofort zugeben, dass ich den Unfall verursacht habe. (Pro-Tipp: Nie tun!) Zweitens: Plötzlich gibt es sehr spezifische und, sagen wir, kreative Gesetze, die ich angeblich gebrochen habe. Mein Helm ist angeblich nicht korrekt, meine Kleidung ebenfalls nicht regelkonform – obwohl mein Unfallgegner ohne Helm und mit Flipflops gefahren ist. Doch das spielt natürlich keine Rolle, weil, na ja, Logik ist in solchen Situationen offenbar optional.
Aber das Beste kommt erst noch: Meine Papiere sind plötzlich nicht in Ordnung. Der Roller? Konfisziert. Mein Führerschein? Eingezogen. Ich? Eine Mischung aus amüsiert und leicht nervös. Es dauert nicht lange, bis ich begreife, worum es hier wirklich geht: Geld.
Das Spiel mitspielen – oder eine Nacht im Nirgendwo
Wenn du in einer solchen Situation bist, hast du genau zwei Möglichkeiten: Entweder du regst dich auf und spielst den empörten Touristen (Spoiler: Das bringt nichts), oder du spielst mit und wartest, was passiert. Ich entscheide mich für Letzteres.
Das bedeutet aber auch: Wir werden den Ort heute nicht mehr verlassen. Das bedeutet wiederum: Hotel suchen. Problem: Es gibt genau eins. Also, auf geht’s, zu Fuss, ohne Roller, mit einem Unfall im Gepäck, den es offiziell so nicht geben sollte.
Im Hotelzimmer setzt dann der eigentliche Stress ein. Nicht der Unfall selbst, sondern das Warten. Das nicht wissen, was als Nächstes passiert. Die Abhängigkeit von einer korrupten Polizei. Gedanken schleichen sich ein: „Was, wenn sie mich einfach nicht mehr gehen lassen?“ „Was, wenn morgen eine neue Regel erfunden wird?“ Aber gut, eine Nacht wird sich schon aushalten lassen.
Der Wendepunkt – oder wie ich einfach wieder gehen durfte
Am nächsten Morgen geht’s zurück zur Polizeistation. Dort erfahren wir, dass wir jetzt in die nächstgrössere Stadt müssen, um unsere Aussagen offiziell aufzunehmen. Klingt fair. Also warten wir. Und warten. Und warten noch ein bisschen.
Blöd nur, dass der andere Unfallbeteiligte einfach nicht auftaucht. In Westafrika ist das anscheinend ein indirektes Schuldeingeständnis. Wie ich später erfahre, ist er direkt nach dem Krankenhaus mit Kirchenleuten zur Polizei gekommen – ein weiteres Zeichen, dass er sich seines Fehlers bewusst ist.
Dann geht alles plötzlich ganz schnell: Der Chef der Polizeistation hört sich unsere Schilderung an, nickt, schiebt einen Stapel Papiere hin und sagt: „Hier, nehmen Sie Ihren Roller und fahren Sie weiter.“ Einfach so. Keine Busse, kein „Sie müssen noch dies und das zahlen“, nichts.
Ich schwöre, der Stein, der mir in diesem Moment vom Herzen fiel, war bis nach Kumasi zu hören.
Fazit: Eine Geschichte mehr im Gepäck
Und so sitze ich wieder auf meinem Roller, starte den Motor und fahre weiter. Der Unfall? Vergangen. Der Roller? Erstaunlich unbeschadet. Ich? Um eine Erfahrung reicher.
Lektion gelernt? Unfälle im Ausland sind genauso chaotisch, wie man sie sich vorstellt – aber sie enden manchmal auch besser, als man denkt. Und wenn du jemals in Ghana in eine Polizeistation gerätst: Hab Geduld, spiel das Spiel mit, und vor allem – sag nie, dass du schuld bist.