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Unbekannt
Überleben auf Afrikas Strassen: Eine Lektion in Chaos, Charme und Schlaglöchern
Nun, versammelt euch, denn heute betreten wir die ungezähmte, furchtlose und absolut unberechenbare Welt des Strassenverkehrs in West- und Zentralafrika. Falls ihr denkt, ihr habt schon jede Art von Strasse gesehen – sei es die perfekt asphaltierte Autobahn in der Schweiz oder die holprige Dorfstrasse in Süditalien – dann lasst euch eines gesagt sein: Ihr habt keine Ahnung. Wirklich nicht.
Hier erwartet euch eine wilde Mischung aus Naturgewalten, improvisierter Verkehrsführung und einer völlig neuen Interpretation des Wortes „Fahrbahn“. Also schnallt euch an, haltet euch fest – oder noch besser, haltet euch an nichts fest und lasst euch einfach vom Chaos mitreissen.
Kapitel 1: Strassen? Oder eher naturbelassene Kunstwerke?
Beginnen wir mit der Grundvoraussetzung für jede Art von Strassenverkehr: der Strasse selbst. Oder dem, was hier als Strasse durchgeht.
Es gibt zwei Extrema. Einerseits existieren tatsächlich moderne, perfekt asphaltierte Autobahnen, die sich durch die Landschaft schlängeln und dich fast vergessen lassen, dass du in einem Land unterwegs bist, in dem spontane Verkehrshindernisse durchaus Lebewesen sein können. Und dann gibt es die andere Seite: Strassen, die eine so enge Beziehung zur Natur haben, dass sie mehr mit Wildnis als mit Infrastruktur gemeinsam haben.
Stellt euch einen staubigen Pfad vor, der sich durch den Dschungel zwängt, Berge hinaufklettert, Flüsse auf abenteuerlich schwankenden Brücken überquert und dann wieder in eine unbefestigte Rüttelpiste übergeht. Hier findet ihr Schlaglöcher, die mehr nach Meteoritenkratern aussehen – tief genug, um ein Auto zu verschlucken und nie wieder auszuspucken. Falls ihr jemals einen Ort gesucht habt, an dem das Konzept „Fahrwerk“ an seine absolute Belastungsgrenze gebracht wird – hier ist er.
Doch das ist nicht alles. Regen verwandelt diese ohnehin schon schwierigen Wege in schlammige Schlachtfelder, in denen selbst der beste Geländewagen plötzlich zum orientierungslosen Paddelboot wird. Wer hier mit einem normalen PKW unterwegs ist, braucht nicht nur Mut, sondern auch einen Plan B. Und C. Und wahrscheinlich noch einen Helikopter als Plan D.
Kapitel 2: Verkehr – ein organisiertes Chaos (mehr oder weniger)
Nun zu dem, was diese Strassen wirklich belebt: der Verkehr.
Ah, der afrikanische Strassenverkehr – eine Kunstform für sich. Während sich in Europa und Nordamerika das Fahren an gewisse Regeln hält (zumindest meistens), hat Afrika seinen ganz eigenen Stil entwickelt. Die wichtigste Regel lautet: Es gibt keine Regeln.
Vergesst Fahrspuren. Vergesst Vorfahrtsregeln. Vergesst, dass Blinker existieren. Stattdessen gibt es ein ausgeklügeltes, fast tänzerisches System aus Hupen, Handzeichen und einer beeindruckenden Fähigkeit, in letzter Sekunde Zusammenstösse zu vermeiden.
Stellt euch Minibusse vor, die bis zum Dach mit Menschen, Hühnern und Waren beladen sind und trotzdem mit atemberaubender Geschwindigkeit durch enge Gassen rasen. Fahrräder, die so hoch beladen sind, dass ihr euch wundert, wie der Fahrer überhaupt noch den Lenker sieht. Motorräder, die alles transportieren – von Kühlschränken bis zu ganzen Familien.
Und dann gibt es da noch die Fussgänger. Während in Europa Zebrastreifen und Ampeln den Fussgängern eine gewisse Sicherheit bieten, ist es hier eine Art Überlebenskunst. Sie hüpfen, schlängeln und navigieren durch den chaotischen Strom aus Fahrzeugen, als hätten sie eine angeborene Fähigkeit zur Matrix-ähnlichen Ausweichbewegung.
Doch es gibt eine Art unsichtbare Harmonie in diesem Durcheinander. Jeder scheint irgendwie zu wissen, was der andere tut – auch wenn es für Aussenstehende aussieht wie eine Kombination aus Wahnsinn und Hochrisiko-Akrobatik.
Kapitel 3: Die stillen Zeugen des Wahnsinns
Und dann gibt es noch die stummen Mahnmale des afrikanischen Strassenverkehrs: Autoleichen am Strassenrand. Verrostete, ausgebrannte oder einfach nur aufgegebene Fahrzeuge, die das tragische Schicksal all jener widerspiegeln, die sich überschätzten oder einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Sie sind stumme Zeugen eines Verkehrs, der ebenso faszinierend wie gefährlich ist.
Denn eines ist sicher: Der Tod fährt hier immer mit. Man sieht es an den aufgerissenen Blechhaufen, an den improvisierten Gedenkstätten am Strassenrand, an den Geschichten von Busfahrten, die mit einem abrupten Ende im Flussbett geendet haben.
Und doch – trotz all dieser Risiken – gibt es keinen Ort, an dem der Strassenverkehr so lebendig, so voller Energie und so unvorhersehbar ist.
Kapitel 4: Tipps für waghalsige Abenteurer
Falls ihr euch jemals auf eine Reise durch die Strassen West- und Zentralafrikas begebt, solltet ihr ein paar Dinge beachten:
- Ein robustes Fahrzeug ist sehr zu empfehlen. Am besten eines mit viel Bodenfreiheit, Allradantrieb und einer Bereitschaft, extreme Strapazen durchzustehen.
- Seid bereit für alles. Staus können durch alles verursacht werden – einen umgestürzten LKW, eine Kuhherde, einen völlig unerwarteten Markt mitten auf der Strasse oder einfach durch schiere Verwirrung.
- Die Hupe ist euer bester Freund. Blinker? Nett gemeint, aber völlig überbewertet. Hier wird per Hupen kommuniziert.
- Fahrt defensiv – aber auch offensiv. Ja, das klingt widersprüchlich, aber nur wer mit einer Mischung aus Geduld, Entschlossenheit und einer Prise Frechheit fährt, kommt ans Ziel.
- Vergesst eure westlichen Vorstellungen von Ordnung. Die Regeln, die ihr kennt, haben hier kaum Bedeutung. Stattdessen gilt: Improvisation ist alles.
Fazit: Ein Roadtrip wie kein anderer
Wenn ihr auf der Suche nach einem echten Abenteuer seid, dann ist eine Reise über die Strassen Afrikas genau das Richtige. Ihr werdet fluchen, lachen, euch an den Kopf fassen und Momente haben, in denen ihr euch fragt, warum ihr euch das antut. Aber eines ist sicher: Ihr werdet es nie vergessen.
Und vielleicht – nur vielleicht – werdet ihr nach dieser Erfahrung nie wieder über eine kleine Baustelle auf einer Schweizer Autobahn jammern. Denn im Vergleich zu Afrikas Strassen ist das ein absoluter Spaziergang.